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Marzipanherstellung (diverse Rezepte)

Marzipanherstellung um 1850 bedeutete schwere und zeitraubende Handarbeit.
Sobald die neue Mandelernte aus Si-zilien oder Apulien eingetroffen war,
begann das nächtliche Mandelenthülsen. Die ganze Familie half mit, um das
Angebot für Weihnachten rechtzeitig vorzeigen zu können. Der Arbeiter am
Reibstein, einem auf dem Fußboden stehenden hohen Granitmörser, mußte
besonders kräftig sein, um mit seiner großen Holzkeule die Mandeln zu Brei
zu zerstoßen. Auch das Verwandeln des harten Hutzuckers in feinen
Staubzucker war sehr mühsam. Mandelmasse und Zucker wurden vermengt und in
großen kupfernen Pfannen abgeröstet. Bei diesem Vorgang war fleißiges
Umrühren erforderlich. Das war die Sache des Konditorlehrlings, dessen
Arbeitstag um sechs Uhr morgens begann und nach zwölf Stunden mit dem
Austragen der letzten Bestellungen endete. Nach dem Auskühlen der
Marzipanmasse wurde bei der eigentlichen Verarbeitung noch einmal
Puderzucker untergewirkt. Erst danach konnte mit dem leichteren und
vergleichsweise amüsanteren Teil, dem Ausformen aus freier Hand oder durch
Model, begonnen werden.

Das Mischungsverhältnis von Zucker und Mandeln sowie die Qualität der süßen
Mandeln (für Lübecker Marzipan wurden niemals bittere verwandt) bestimmte
die Güte des Erzeug-nisses. Um diese geheimen Prozentzahlen ist immer
gerungen worden. Wirklich gutes Marzipan durfte nicht blendend weiß sein,
sonst war nämlich der Anteil von Zucker zu hoch. Die Mandelfarbe des leicht
gelblichen Teiges bürgte für die richtige und leider auch teure
Zusammensetzung. Noch ein Merkmal kristallisierte sich in dieser Zeit
heraus: Lübecker Marzipantorten wurden möglichst »ungeschminkt« gelassen,
keine Farbe verschönte die Modellierung. Nur der gekniffene Rand wurde
rot-weiß abgesetzt - eine Art Herkunftshinweis durch die Lübecker Farben.

Selbst gemacht mit Marzipan

Niemand muß heute mehr die Mandeln im Mörser zerstoßen und den Hutzucker mit
Zange und Hammer in Staubzucker verwandeln! Fertige Marzipan-Rohmasse gibt
es abgepackt und in bester Qualität, sie gehört zu den Backzutaten im
weitesten Sinn. Wer aber gern selbst sein Marzipan von der Mandel an
herstellen möchte, der nehme:

250 g geschälte Mandeln, 300 g Puderzucker und 2 Eßlöffel Rosenwasser oder
Obstgeist (nach Geschmack).

Die Mandeln im Mixer fein zerkleinern und mit Puderzucker und Flüssigkeit zu
einem festen Teig verkneten. Gut abdecken, bis zum nächsten Tag stehen
lassen, dann ausformen und ver-zieren. Die Haltbarkeit dieser Masse ist
begrenzt. Will man Marzipan länger haltbar machen, kann man auf das Abrösten
nicht verzichten. Hierzu erhitzt man die Masse unter ständigem Röhren in
einem Kupferkessel, bis sie nicht mehr am Boden klebt. Für den Hausgebrauch
aber genügt es, die ausgerollten und ausgestochenen Marzipanfiguren 30 bis
40 Minuten im Backofen bei 120 Grad zu trocknen.

Mit Rohmasse gemacht

Einige Regeln sind beim Verarbeiten von Marzipanmasse zu beachten: Beim
Ausrollen immer Puderzucker auf Rolle, Tisch und Hände streuen, um das
Ankleben zu vermeiden. Man kann Marzipan auch mit Speisefarben färben.
Hierbei muß die Farbe auf den Puderzucker getropft und das Ganze sehr
gründlich durchgeknetet werden. Einfacher ist das Anmalen: Nach dem Trocknen
der Figuren (mindestens 2 bis 3 Tage) bemalt man sie, eventuell auch mit
einer zweiten Farbschicht. Auch mit flüssiger Kuvertüre kann man hübsche
Wirkungen erzielen. Will man Marzipanhappen, Rauten oder Konfekt verzieren,
muß man die Stücke vor dem Trocknen mit Nüssen, Pistazien oder Krokant
bestecken.

Marzipan à la Napoli

Marzipan auf italienische Art (nach einem Rezeptbuch von 1841):
Die mit Puderzucker angewirkte Rohmasse (Faustregel: 200 g Masse und 100 bis
150 g Puderzucker) wird in zwei Platten dünn ausgerollt. Eine Platte belegt
man in regelmäßigen Abständen mit recht fester Aprikosenmarmelade. Man gibt
die zweite Platte darüber, drückt sie in den Zwischenräumen leicht an und
sticht die Hügelchen aus. Sie werden mit Zuckerglasur bestrichen, mit einer
Pistazie besteckt und im 120 Grad heißen Ofen eine gute halbe Stunde
getrocknet.